Zu Beginn der Corona-Krise waren viele unserer Kundinnen und Kunden überrascht, wie gut sich Workshops und Konferenzen in die digitale Welt übersetzen lassen. Aber: Man war sich auch schnell einig, dass die soziale Komponente dabei immer noch zu kurz kommt. Ein riesiger Pain Point! Schliesslich gehen wir nicht nur an Events, um etwas zu erarbeiten oder zu lernen. Sich mit Menschen auszutauschen, neue Leute kennen zu lernen und sich zu vernetzen ist genauso wichtig (Stichwort «Networking»). Denn mal ehrlich: Wer hat sich nach einem anstrengenden Konferenz- oder Workshop-Tag nicht auf das wohlverdiente «Gläsli» Prosecco, Canapés und den informellen Schwatz mit ein paar Gleichgesinnten gefreut? Eben!
Wir wollten es wissen und haben uns intensiv damit befasst, wie wir Networking in den virtuellen Raum bringen können. Oder: wie Networking auch in der digitalen Welt funktioniert und Spass macht. Wir durften u.a. Innosuisse und die Frauenzentrale Zürich bei Online-Events begleiten und haben Networking-Lösungen gefunden. In einem Interview erzählen uns Claudia Wyss, Fachspezialistin Events & Partnerschaften bei Innosuisse, und Olivia Frei, Co-Geschäftsführerin der Frauenzentrale Zürich, von ihren Erfahrungen.
Claudia und Olivia, ihr habt beide 2020 das erste Mal eine Konferenz virtuell durchgeführt. Das Thema Networking war euch dabei sehr wichtig. Weshalb?
Olivia: Das Programm der «Frauentagung» besteht aus verschiedenen Referaten und zahlreichen, parallel laufenden Workshops. Viele Teilnehmerinnen nehmen aber auch teil, um spannende Kontakte zu knüpfen. Denn für die Karriere – sei es in der Politik oder der Privatwirtschaft – ist das Netzwerk sehr wichtig.
Claudia: Auch beim Innosuisse Plenum ist Networking eines der wichtigsten Elemente. Denn Innosuisse besteht aus verschiedenen Gremien, die teilweise auch auf Mandatsbasis arbeiten. Die einzelnen Gremienmitglieder sind in der ganzen Schweiz verteilt und haben nicht viele Anknüpfungspunkte untereinander. Deshalb ist es wichtig, dass sich sämtliche Gremien treffen können, um sich gegenseitig kennen zu lernen und auszutauschen. An diesem Anlass wollen wir das Gemeinschaftsgefühl wecken und stärken.
Claudia, welche Ziele habt ihr mit dem Online-Format des Innosuisse Plenums verfolgt?
Claudia: Nebst dem Gemeinschaftsgefühl war es für uns wichtig, innovativ zu sein. Innosuisse ist eine Bundesagentur und der Bund wird häufig als etwas verstaubt wahrgenommen. Als Innovationsagentur wollten wir aber zeigen: «Hey, wir können Innovatives auf die Beine stellen!». Und das haben wir geschafft: Es gab viele Stimmen, die sagten: «So einen Online-Event habe ich noch nie erlebt!»
Was kam besonders gut an?
Claudia: Tatsächlich der Networking-Bereich. Wir hatten so etwas wie «Themeninseln». Unsere Teilnehmenden konnten sich ein Thema aussuchen und landeten mit vier weiteren Personen an einem Tisch bzw. in einem Gruppenraum. Toll war, dass man anhand der Namen sah, wer an welchem Tisch sass. Und so konnte ich – wie bei einer physischen Konferenz auch – den Tisch wechseln, falls ich unbedingt mit einer bestimmten Person reden wollte. Dadurch, dass alle «angeschrieben» waren, fiel das Networking vielleicht sogar leichter. Denn wer niemanden kannte, hatte zumindest vier Namen und Gesichter vor sich. Und über den integrierten LinkedIn-Button konnten sich die Gäste mit einem Klick mit anderen Personen vernetzen, statt mit einem Stapel Visitenkarten nach Hause zu gehen.
Ausserdem: Beim Bund sind aus Sicherheitsgründen viele Tools gesperrt. Bei uns war Sicherheit deshalb ein wichtiger Aspekt. Ein gutes Tool zu finden, das auf Bundeslaptops funktioniert, ist eine Herausforderung.

Olivia, ihr habt eure Tagung auf Zoom durchgeführt. Wie habt ihr das Networking angepackt?
Olivia: Wir haben über Mittag mit der «Breakout-Räume»-Funktion von Zoom nach Zufallsprinzip zehn Networking-Gruppen erstellt. Es gab zwei Runden, die jeweils 20 Minuten dauerten. Die Gruppen waren nicht moderiert, aber wir haben mit «Icebreaker»-Fragen unterstützt. Der Host hat zu Beginn der beiden Networking-Runden jeweils eine Frage an alle Breakout-Räume geschickt. Das «Lässige» daran: Man traf auf Frauen, die man sich vielleicht auf den ersten Blick nicht für ein Gespräch ausgesucht hätte.
Welche Reaktionen habt ihr erhalten?
Olivia: Klar, es gibt immer die Personen, denen ein physischer Event besser gefällt. Ich glaube, dass ein virtueller Event einen physischen Anlass nie zu 100% ersetzen kann. Aber wir haben viele positive Rückmeldungen erhalten und es auch geschafft, Kritikerinnen von unserem Format zu überzeugen. Viele waren davon überrascht, wie gut das Networking virtuell funktioniert.
Was sind eure 2 Tipps für alle, die in Zukunft ihr Networking virtuell veranstalten wollen?
Olivia: Bei uns gab es zahlreiche Workshops, die parallel von verschiedenen Leiterinnen durchgeführt wurden. Diese Leiterinnen waren nicht alle gleich gut mit Online-Workshops vertraut. Da war es gut, dass wir eine Trainings-Session mit ihnen durchgeführt haben. Dabei haben wir einen kurzen Theorie-Teil abgedeckt, z.B.: Wie sieht der Ablauf aus? Wer hat welche Rolle? Was kann Zoom? Was muss ich technisch beachten? Und dann haben wir praktische Übungen zu den verschiedenen Zoom-Funktionen gemacht. Das war sehr wertvoll! Das nächste Mal wollen wir noch mehr darauf achten, wie die Leiterinnen ihren Workshop interaktiv gestalten können. Das heisst auch weitere Interaktionstools wie Mentimeter vorstellen. Mein zweiter Tipp: Es braucht beim Event selbst eine Person, welche die Technik übernimmt. Die Präsentatorinnen und Sprecherinnen müssen sich auf ihren Inhalt konzentrieren können und nicht nebenher noch Breakout-Sessions einteilen oder «Trouble Shooting» machen müssen.
Claudia: Ja, das war bei uns auch wichtig. Es braucht bei einer virtuellen Durchführung mehr Personen, als man denkt! Mein Tipp: Seid offen, das Programm über den Haufen zu werfen! Wir gingen mit einer physischen Eventplanung rein und mussten erkennen, dass nicht alles auch virtuell funktioniert. Wir mussten intern ziemlich viel «Übersetzungsarbeit» leisten. Und noch etwas: Seid auch offen, was die Toolauswahl betrifft. Es hat sich im letzten Jahr in der Online-Eventszene viel getan. Wählt nicht einfach ein Tool, nur weil ihr oder eure Vorgesetzten es bereits kennen.
Herzlichen Dank für die spannenden Insights, liebe Olivia und Claudia!

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Katarina Isailovic
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