CEO-Positionierung: Auf dem Grat von Strahlkraft, Risiko und Wirkung

CEO

Ein Blick auf das Spannungsfeld, in dem moderne Führung heute Sichtbarkeit gewinnt – und dabei zur Prüfung für Vertrauen, Integrität und strategischen Markenwert geraten kann.

Elon Musk war lange der Inbegriff des visionären Unternehmers – Held, Heilsbringer, Hasardeur. Er machte Tesla zur Ikone. Heute kleben manche Besitzer Sticker aufs Auto: „I bought my Tesla before Elon went crazy“. Was einst Statussymbol war, wird zur Erklärungsnot. In Europa wenden sich Kunden in Scharen ab – minus 45% sind es laut Angabe des europäischen Herstellerverbands Acea im ersten Quartal gegenüber dem Vorjahr. Nun muss nicht der ganze Rückgang Elon Musk selbst geschuldet sein – auch Marktumfeld und Wettbewerb spielen eine Rolle. Doch der Imageverlust an der Spitze dürfte erheblich zum Stimmungsumschwung beigetragen haben und der Fall macht deutlich, wie eng Markenwert und CEO-Auftritt verknüpft sind – und wie schnell Strahlkraft zur Hypothek wird. Willkommen im Zeitalter der toxischen Sichtbarkeit.

Die Schattenseite der Sichtbarkeit
Der Fall Musk zeigt exemplarisch, wie sich die Spielregeln für moderne CEO-Positionierung verändert haben: Die Positionierung von CEOs ist ein Spiel mit offenem Visier. Wer als CEO sichtbar führen will, muss bereit sein, Stellung zu beziehen – zu gesellschaftlichen Fragen, politischen Entwicklungen, Werten, und er oder sie wird an diesen Stellungnahmen gemessen. Sichtbarkeit ist kein Nebenschauplatz mehr, sondern Teil der Markenführung. Das lässt sich heute sogar mit Zahlen unterlegen: Laut einer Studie von Weber Shandwick hängt 58 % der Unternehmensreputation direkt an der Führungsspitze.

Doch je stärker die Person im Zentrum steht, desto grösser das Risiko: Ein unbedachter Tweet, ein zweideutiges Interview – und das sorgfältig aufgebaute Image beginnt zu bröckeln. Die Gefahr liegt nicht nur im Moment des Fehltritts, sondern in der dauerhaften Verbindung zwischen Marke und Mensch. Denn die langfristige, systemische Verknüpfung zwischen CEO und Marke birgt ein grundsätzliches Risiko: Jede Veränderung – ob Krise, Rücktritt oder Krankheit – kann zur Schwächung der Marke führen.

Kommunikation mit Kompass
Wenn CEOs zur zentralen Projektionsfläche für die Marke werden, verschiebt sich der Vertrauensanker. Vertrauen hängt nicht mehr nur an Produkten oder Prozessen – es hängt an Menschen. Doch genau dieses Vertrauen ist brüchiger denn je. Laut dem Edelman Trust Barometer 2024 glauben 61 % der Menschen, dass Unternehmensführer bewusst in die Irre führen. In einem solchen Klima der Skepsis ist Sichtbarkeit von CEOs nicht automatisch ein Vorteil. Sie wird zur Bewährungsprobe.

Diese Vertrauenslage verändert auch die Anforderungen an CEO-Kommunikation grundlegend. Entscheidend wird dabei eine klare Positionierung von CEOs. Wer heute als CEO bestehen will, muss mehr bieten als ein gutes Narrativ. Authentizität, Integrität, strategische Klarheit – das sind keine weichen Faktoren, sondern harte Erwartungen. Offenheit muss ehrlich sein, nicht inszeniert. Wer über Nachhaltigkeit spricht, muss handeln. Wer Diversität verspricht, muss sie leben.

Entscheidend ist dabei nicht nur, was, sondern wann und wie kommuniziert wird nicht jede Empörungswelle verlangt eine Reaktion, nicht jeder gesellschaftliche Aufreger eine CEO-Stellungnahme. Wer Relevanz erzeugen will, braucht eine klare Linie: Was gehört zur Rolle? Was zur Haltung? Was zur Marke?

Die Bühne ist gross, das Publikum kritisch – und jede Unstimmigkeit fällt auf.

Fazit:
CEO-Positionierung ist heute weit mehr als ein kommunikativer Nebenschauplatz. Sie ist ein strategischer Faktor – mit unmittelbarem Einfluss auf Vertrauen, Reputation und unternehmerische Resilienz. Der Fall Musk ist ein starkes Beispiel dafür: Sichtbarkeit ist mächtig – und gefährlich.

Wer führen will, muss Haltung zeigen. Nicht inszeniert, sondern verankert. Nicht angepasst, sondern glaubwürdig. Dabei geht es nicht um Perfektion, sondern um Konsistenz. Und darum, als Führungspersönlichkeit eine Sprache zu finden, die nicht nur zu den eigenen Werten passt, sondern auch zu denen des Unternehmens.

In einem Umfeld voller Erwartungen, Empfindlichkeiten und schneller Urteile ist Schweigen keine sichere Option. Wer heute nicht kommuniziert, überlässt anderen die Deutungshoheit über das eigene Unternehmen. Das ist keine einfache Aufgabe. Aber eine, die man gestalten kann.